Liebe Leser,
In meiner Jugend hatte ich eine Lieblingsband. Eine, die der Populärmusik offen den Kampf ansagte und deren Musiker sich in kleinen Hallen die Finger wund spielten. Als meine Lieblingsband dann kommerzieller wurde, also „radiotauglich“, Konzerthallen, ja sogar Stadien füllte und plötzlich Leuten in meinem Umfeld gefiel, die bis dato aufgrund ihres (bisherigen) Stils nie etwas mit ihr hatten anfangen können, fühlte ich mich verraten. Klar, als Erwachsener weiß ich, dass es im beinharten Musikgeschäft primär um Erfolg geht und auf jugendliche Naivität wenig Rücksicht genommen wird. Und dennoch: Auch heute macht sich bei mir noch Ernüchterung breit, wenn „Geheimtipps“ ihre – von mir subjektiv empfundene – Exklusivität zu Gunsten der Masse verlieren.
So bin ich von der momentanen Entwicklung am Bier-Sektor wenig begeistert. Der meines Erachtens mittlerweile schon inflationär verwendete Begriff „Craft Beer“ scheint derzeit für so manchen (Klein-)Brauer ein Freibrief zu sein, alles Mögliche zu verbrauen. Allerdings nicht immer zum Wohle des Bier-Geschmack s, weshalb auch schon Brauereien mit dem Trend gar nichts (mehr) zu tun haben möchten und sich viel lieber unter dem Dach der „Kreativbiere“ wiederfinden. Schade, dass eine anfänglich tolle Idee mit massenhaft Innovationspotenzial sich dermaßen ins Gegenteil verkehrt. Ähnliches ist uns ja auch mit dem „Barista“ und der „Nachhaltigkeit“ widerfahren. Weniger ist halt manchmal doch mehr. Abzuwarten bleibt, wie sich der aktuelle Burger-Trend sowie die Gesinnung in Richtung veganer Ernährung entwickeln. Jedenfalls tragen die Convenience-Anbieter diesen Tendenzen mit vielfältigen und geschmackvollen Gerichten Rechnung.
Die diesjährige „Alles für den Gast“-Messe in Salzburg (Seite 16) stellte dies deutlich unter Beweis. Vorbei scheinen wohl die Tage des erwähnten „Barista“- Hypes zu sein –zumindest was die Produzenten von Kaffeevollautomaten betrifft, denn die haben die Technik ihrer Maschinen vorangetrieben. So gibt es nicht mehr viel, was derzeitige Vollautomaten (noch) nicht können. Egal, ob feinporiger Milchschaum oder zig Kaffeespezialitäten – auf Knopfdruck kann jeder Mitarbeiter im Betrieb „Barista“ sein, Sprachbarrieren und Know-how-Mangel werden einfach mit Piktogrammen (Combidämpfer lassen grüßen!) außer Kraft gesetzt. Wow! Es würde mich nicht wundern, wenn in absehbarer Zeit nicht auch Latte Art, Sie wissen schon, die aus Milchschaum gegossenen Kunstwerke, zum Reper toir eines solchen Geräts zählt. Wie auch immer sich diese Trends entwickeln, der Markt bereinigt sich von selbst und es bestimmt letztlich der Konsument über den Erfolg. Übrigens: Meine (ehemalige) Lieblingsband hat mit ihren neuen Stück en keine Chance mehr bei mir. Das ist aber das Schöne an den Mechanismen des freien Marktes. Aus diesem Grund machen wir auch das bessere Fachmagazin. Punkt – und wünschen Ihnen, werte Leser, schöne Festtage und einen erfolg – reichen Jahreswechsel.
Ihr Karl Schilling Chefredakteur
Schließlich machen wir das bessere Fachmagazin. Punkt.
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